Die ersten Fahrzeuge (Triebwagen)
Lindner Triebwagen Baujahre 1907 bis 1925
Um am 2. September 1907 den elektrischen Betrieb aufnehmen zu können, wurden im Mai 1907 zwölf kleine Wagen mit drei Fenstern von der Firma Gottfried Lindner AG in Ammendorf geliefert. Die Radsätze kamen aus dem Hause Friedrich Krupp in Essen und die elektrische Ausrüstung von den Siemens-Schuckert-Werken (SSW).
Die Fahrzeuge hatten eine Länge von 8,40 Meter, eine Breite von 2,15 Meter und eine Höhe von 4,45 Meter. Als typisches äußeres Merkmal für die elektrische Ausstattung durch die SSW war der Reichelsche Schleifbügel in der damals verbreiteten Lyraform.
Angetrieben wurden diese Fahrzeuge mit zwei 24 kW starken Tatzlagermotoren.
Lackiert wurden die Wagen in "naturcremefarben" mit braunen Zierstreifen und Scheuerleisten. Das Fahrgestell und das Dach wurden in grau lackiert.
Im September 1907 wurden weitere zehn Wagen beschafft und für die 1908 erfolgte Erweiterung nach Nowawes (heute: Babelsberg) wurden sieben Triebwagen dieser Bauart beschafft.
Nach der Umstellung der Linie C auf Einmannbetrieb, im Jahre 1922, begann im September 1923 der Umbau der Triebwagen 23 bis 29 aus dem Jahre 1908. Sie erhielten eine Plattformverglasung, die infolge ihrer Form zum Spitznamen "Küchenmöbel" führte.
Wagen 23 an der Bittschriften-Linde, Aufgenommen September 1929
Foto: unbekannt, Quelle: Bundesarchiv, Bild 102-08441
Ab 1925 wurden bei gründlichen Instandsetzungen der Wagen begonnen, unterhalb der Fenster einen dunkelbraunen Anstrich anzubringen. Durch dieses Erscheinungsbild wurde schnell der Name "Kakaobahn" geprägt.
Ab 1926/27 wurden auch die Wagen aus dem Jahre 1907 verglast. Diese erhielten größere Stirnscheiben, so dass diese nicht mehr nach Küchenmöbel aussahen. Die Wagen 23 - 29 (Baujahr 1908) wurden nachträglich den Wagen aus 1907 angepasst.
Die Zeit 1932 bis 1945
Für den Betrieb auf der steigungsreichen Strecke zum Schützenhaus, wurden 1932 die Triebwagen 1 und 2 grundlegend umgebaut. Sie erhielten unter anderem neue, in eigener Werkstatt gebaute, Untergestelle und die Fahrwerke erhielten Rollenlager. Beide Wagen erhielten 38 kW-Motore, neue Nockenfahrschalter und Scherenbügel.
Die Versuche mit den Motoren verliefen zur vollsten Zufriedenheit und es wurden bis 1938 alle Wagen der Bauart 1907/08 mit den neuen Motoren ausgerüstet. Dabei wurden auch neue Fahrschalter, die Rollenachslager, Kletterpuffer, Rückstrahler und Scheibenwischer installiert.
Im Zweiten Weltkrieg wurden die Triebwagen 3, 5, 10 - 12, 15, 22 und 27 für den Schleppverkehr umgerüstet. Es wurden Klauen ergänzt um Lastkraftwagen bzw. deren Anhänger schleppen zu können.
Beim Luftangriff am 14. April 1945 auf Potsdam wurden die acht Triebwagen 4, 12, 16, 17, 19, 20, 22 und 23 auf dem Betriebshof Holzmarktstraße völlig zerstört.
Die Zeit ab 1945
Im August 1945 wurde der Betrieb mit 19 Triebwagen wieder aufgenommen. Ein Triebwagen konnte mithilfe von Teilen anderer Wagen wieder aufgebaut werden, so dass nach dem zweiten Weltkrieg insgesamt 20 Wagen der Baujahre 1907/08 zur Verfügung standen.
Im Jahre 1954 entschloss sich der Verkehrsbetrieb elf Triebwagen der Baujahre 1907/08 grundlegend zu modernisieren. Dabei erhielten die Wagen geschlossene Plattformen mit Schiebetüren. Die Laternendächer wurden stirnseitig heruntergezogen, die vorhandene Trichterkupplung durch die Albertkupplung ersetzt. Triebwagen die noch mit dem Lyrabügel ausgerüstet waren, erhielten einen Scherenstromabnehmer.
Wagen 15 als Linie 2 und einem LOWA-Beiwagen an der Mangerstraße
Foto: unbekannt, Quelle: Stadt- und Landesbibliothek Potsdam, Sammlung Brandenburgica.
Die Triebwagen 15, 27 und 29 wurden 1959 zu Arbeitswagen umgerüstet, die restlichen Wagen verblieben bis 1968 im Fahrgastverkehr. Die Arbeitswagen wurden bis 1971 ausgemustert.
Der Verein Historische Straßenbahn Potsdam e.V. hat auf einem erhaltenen Fahrgestell einer Güterlore (Lore 311), einen Triebwagen aus dem Jahre 1907 aufgearbeitet.
Weitere Informationen hierzu finden Sie auf der Webseite des Vereins.
Autor:
Michael Dittrich
Quellen:
Stadtverkehr Potsdam, GVE Verlag,
Nahverkehr Potsdam, Verlag Geramond, ISBN: 3-932785-03-7